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Medikamente aus dem Drucker

Professoren entwickeln Verfahren um Arzneimittel auf Esspapier zu drucken

Professor Lohweg und Professor Kutz berichten der Lippischen Landes-Zeitung von ihrem Verfahren.

Kinder benötigen andere Medikamente als Erwachsene, Frauen andere Medikamente als Männer – die Dosis ist unterschiedlich. Individuell auf Patienten zugeschnittene Medikamente auf Esspapier, die aus einem Drucker kommen, das klingt unglaublich. Das Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) hat mit dem Fachbereich Life Science Technologies der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) solch ein Verfahren entwickelt, das die Einnahme von Medikamenten revolutionieren könnte. In Form eines QR-Codes auf Esspapier werden auch gleich alle wichtigen Behandlungsinformationen mitgeliefert.

 

Codes, die helfen, gesund zu werden – an dieser Vision arbeiten die beiden Wissenschaftler Prof. Volker Lohweg, Leiter des inITs und Prof. Gerd Kutz vom Fachbereich Life Science Technologies. Sie bedrucken ganz normales Esspapier mit flüssigen Medikamenten. Kutz: „Der Wirkstoff wird als Lösung aufgetragen, das ist ähnlich wie ein Tintenstrahldrucker, und das Medikament wird dann über die Nadel auf das Esspapier aufgebracht.“ Der Wirkstoff selber sei nicht sichtbar, deshalb färbe man die Lösung mit Lebensmittelfarbe ein, damit man sie besser erkennen und bestimmen könne. Es sei auch möglich, einen QR-Code in unterschiedlichen Farben aufzudrucken, damit die Arzneien unterschieden werden können. „Das ist sinnvoll, wenn Patienten mehrere Medikamente benötigen“, erklärt Prof. Lohweg. Je dunkler die Farbe, desto stärker die Dosis. Der Wirkstoff wird in eine Patrone gespritzt und in einem ganz normalen Drucker untergebracht. Dann werde nur die Menge aufgedruckt, die der Patient tatsächlich brauche. „Denkbar wäre das natürlich in der Kinderheilkunde oder der Psychiatrie, da dort die Dosen niedriger sind“, sagt Prof. Kutz. Ein Vorteil: Anders als bei der Einnahme von Tropfen könne beim Esspapier nicht so schnell etwas daneben gehen.

 

Das Besondere sei hierbei, dass das Medikament als spezieller Code auf dem Papier lande, der mache es fälschungssicher, denn er verberge Informationen für Arzt und Patienten, die er ein Smartphone entschlüsseln müsse. „Damit unterscheidet er sich von den üblichen Barcodes, da er erheblich mehr Daten speichern kann. Wir speichern dort unter anderem auch verschlüsselte Patientendaten zum Arzneimittel sowie Datum und Einnahmefrequenz“, so Prof. Lohweg.

 

Esspapier, das nicht nur Medizin, sondern auch eine Fülle von Text enthält – die Kombination mache ihre Forschung bislang einzigartig, aber auch ziemlich komplex. „Da wir ja mit Kamerasystemen den Barcode ablesen müssen, haben wir natürlich große Hürden in der Datensicherheit zu überwinden gehabt“, betont Prof. Lohweg. Doch es sei gelungen, und wenn so ein Esspapier-Medikament verloren gehe, könne ein Fremder damit nichts anfangen, da die verschlüsselten Daten ohne Klarnamen abgesichert seien.

 

Die beiden Wissenschaftler, die seit fünf Jahren an dem Projekt arbeiten, betonen, dass sich das Verfahren nicht zur Massenherstellung von Medikamenten eigne, sondern nur in Apotheken oder in Kliniken eingesetzt werden könnte, die spezielle Arzneidosierungen benötigen. Ihre Idee „der Medikamente aus dem Drucker“ haben die Forscher im Rahmen einer Kooperation mit dem Klinikum Lippe bereits Medizinern vorgestellt. Die Reaktionen der Ärzte seien sehr positiv. „Wir werden weiter forschen und wer weiß, vielleicht bekommen dann einige Patienten bald Barcodes zum Einnehmen – statt der Tropfen“, betonen die beiden Wissenschaftler, die fest an die Umsetzung ihrer Idee glauben.

 

Text: Erol Kamisli, Lippische Landes-Zeitung