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Euro oder Drachme? Banknotenexperte Professor Volker Lohweg klärt über mögliche Optionen auf

(Lemgo, 13.07.2015) Am Wochenende fiel die Entscheidung, ob Griechenland in der EU bleibt oder nicht. Welche Auswirkungen hätte ein EU-Austritt auf eine jeweilige Landeswährung? Und wie würde überhaupt die Einführung einer neuen Währung praktisch ablaufen? Professor Dr. Volker Lohweg, Banknotenexperte vom Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) der Hochschule OWL, erläutert die praktische Vorgehensweise.

„Euro coins and banknotes“ von Avij - Eigenes Werk. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons

Viele Griechen stellten sich vermutlich seit längerem schon die Frage, ob es bald wieder Drachmen anstelle des Euro geben könnte und was ihr Geld überhaupt noch wert ist. Nicht ohne Grund gibt es täglich lange Schlangen vor den Bankautomaten – die Angst, kein Bargeld mehr zu besitzen, ist groß. Wie viel Bargeld tatsächlich im Umlauf ist oder irgendwo „gehortet“ wurde, ist ungewiss. Doch selbst wenn der „Grexit“ passiert wäre, hätte der Euro weiterhin als Währung für Griechenland bestehen können. „Ein Staat braucht keine eigene Währung, um Transaktionen durchzuführen – vergleichbar ist da etwa Montenegro“, erläutert Professor Volker Lohweg, Vorstandsmitglied am inIT. Ohne die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion, wird dort der Euro dennoch als Zahlungsmittel verwendet.

 

Aber wie schnell könnten Drachmen in Griechenland wieder eingeführt werden? Und was benötigt man dafür? Rein technisch gesehen, ist die alte Drachme nicht wieder einführbar, auch wenn die Druckplatten noch vorhanden wären. „Die alten Platten entsprechen nicht mehr dem internationalen Stand der Sicherheitstechnik im Banknotenbereich“, erklärt Professor Lohweg. „Auch noch vorhandene gedruckte Drachmen von vor 2001 würden nichts bringen, da sie nicht mehr sicher sind und auch nicht mehr in ausreichender Geldmenge vorlägen.“

 

Als anerkannter Experte für Dokumentensicherheit und Banknotenauthentifikation weiß Professor Lohweg, dass es faktisch bis zu 1,5 Jahre dauern würde, bis eine neue Drachme überhaupt auf dem griechischen Markt eingeführt werden könnte. Vom Design und der Entstehung einer Banknote bis zum Druck und anschließender landesweiten logistischen Verbreitung vergehen im Schnitt – bei volkswirtschaftlichen Ländern wie Deutschland – bis zu 15 Monate. Die Herstellungstechniken und eine Staatsdruckerei wären zumindest in Griechenland vorhanden. Eine Banknote ist dann fälschungssicher, wenn sie bestimmte sicherheitstechnische Kriterien erfüllt und haptische sowie optische Merkmale aufweist, z. B. Stahlstichdruck, Wasserzeichen oder Kinegramme und weitere Sicherheitsmerkmale.

 

„Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre eine Einführung einer neuen Drachme wenig sinnvoll, da sie innerhalb kürzester Zeit abgewertet werden müsste und von der Bevölkerung vermutlich nicht anerkannt werden würde“, erläutert Professor Lohweg. Auch Notgeld sei keine Lösung. Der Euro bliebe eine Parallelwährung, die zum einen geduldet, zum anderen sowieso massenhaft vorhanden ist. Eine Drachme würde gegenüber dem Euro ferner einer massiven Abwertung unterliegen. „Das Resultat wären sicher zudem Schwarzmärkte und Tauschgeschäfte. Heutzutage ist man im Euro-Raum auch zu vernetzt, um einfach einzelne Länder aus dem Euro-System de facto auszuschließen“, resümiert Professor Lohweg.

 

Am inIT beschäftigt man sich seit Jahren im Forschungsbereich Optische Dokumentensicherheit mit der Produktion und Qualitätssicherung von Banknoten, der Authentifikation, dem Verschleiß sowie der Sicherheit an Bankautomaten. Hinzu kommen Konzepte und Realisierungen gegen Produktpiraterie sowie Dokumentenschutz. Hierzu wird auf Forschungsansätze aus den Kompetenzfeldern Bildverarbeitung, Sensor-/Informationsfusion und Mustererkennung zurückgegriffen.

 

Bildquelle: „Euro coins and banknotes“ von Avij (Diskussion · Beiträge) - Eigenes Werk. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons - commons.wikimedia.org/wiki/File:Euro_coins_and_banknotes.jpg